Um das Jahr 476 zerbrach das Weströmische Reich vollends und in Europa bildeten sich neue Staaten und Kulturgemeinschaften heraus. Im Zuge der Auflösung des Imperiums verschwand auch dessen Kultur und Mode von der geschichtlichen Bildfläche.

2. - Das Mittelalter

Auch wenn sich die „Barbaren“ gern “römisch” gaben und auf Roms, ruhmvolle Vergangenheit verwiesen, so gingen die Errungenschaften in puncto Unterwäsche fast vollkommen verloren. Etwas unter der Kleidung zu tragen war im frühen Mittelalter lange Zeit nicht mehr en vogue. Später setzte sich zumindest ein Langhemd aus groben Leinenstoff durch, dass die Haut vor der kratzigen Oberbekleidung schützen sollte. Dieses reichte in der Variante für Herren, bis kurz übers Gesäß. Oft wurde es einfach durch den Schritt nach vorn gezogen und ersetze somit zumindest teilweise die fehlende Unterhose.

Der Urgroßvater der Boxershorts

Im Verlauf der Jahre, kam nachweislich ein zweites Kleidungsstück für Herren hinzu, die sogenannte Bruoch, dem Vorläufer der noch heute anzutreffenden Boxershorts. Sie wurde in den meisten Fällen aus regional zur Verfügung stehenden Materialien wie Leinen, Hanf und evtl. auch Baumwolle gefertigt. Diesen Stoffen war allen gemein, dass sie leicht zu reinigen waren. An die Brouch wurde in den meisten Fällen Beinlinge angebracht. Erst zum Ende des 14. Jahrhunderts wandelte sich dies, als die Mode es verlangte die Beinlinge an einem Wams oder Pourpoint zu befestigen.

Polster und mehr Schein als Sein

Später entwickelte sich dann aus den einzeln getragenen Beinlingen und der Brouch, die einteilige Strumpfhose. Diese wurde um ein pikantes und extrovertiertes Accessoire ergänzt, der Schamkapsel. Farblich hob sich diese stark von der Beinbekleidung ab und wurde oft noch mit Schleifen und Bändern geschmückt. Einige Exemplare haben sogar kleine Taschen enthalten. Besonderer Fokus lag aber vor allen Dingen auf der Auspolsterung und der damit verbundenen sexuellen Anspielung auf die Größe und Beschaffenheit des sich dahinter verbergenden männlichen Geschlechts. Diese Polsterung gab es in Bananen aber auch Gurkenform und sie stand symbolisch für die männliche Potenz und ständige sexuelle Bereitschaft ihres Trägers. Selbst als die katholische Kirche die Unzüchtigkeit dieses Kleidungsstückes an den Pranger stellte, wurde es nicht aus dem öffentlichen Erscheinungsbild verbannt. Erst Ende des 16. Jahrhunderts verschwand die Schamkapsel aus der Mode und wich anderen Variationen der Unterwäsche.

Die Entdeckung von Lengberg

Dass nur Hemden, Bruoch oder eben nichts unter den Rüstungen und Wämsern getragen wurde, war Langezeit unter Forschern und Interessierten unumstritten. Dies änderte sich, erst als bei den, im Jahr 2008 begonnen Umbaumaßnahmen im Osttiroler Schloss Lengberg, 2700 zum Teil gut erhaltene Reste von Unterwäsche und Textilien zum Vorschein kamen, die als Füllmaterial die Jahrhunderte überdauert hatten. Unter den Fundstücken befand sich auch eine fast vollständig erhaltene Unterhose, die einem modernen Tanga ähnelte und von einem Mann getragen wurde. Eine Untersuchung mittels der Radiokarbonmethode datierte den Gebrauch der Wäsche auf den Zeitraum zwischen 1440 und 1485. Wir sehen also es gibt immer noch Überraschungen was unsere Sicht auf die Geschichte der Unterwäsche anbelangt und das letzte Kapitel ist hier sicher noch nicht geschrieben.

Vorschau: In unserem dritten Teil beleuchten wir die Entwicklung der Herrenunterwäsche in der Renaissance.

Ihr Wäsche & Dessous individuell Team